Fonte: Vietta, Silvio. Der europäische Roman der Moderne. München: Fink, 2007. 


Trecho 1

"Die Orte, die Rilkes Paris ausmachen, sind Orte der Armut und der Krankenheit: das 'Hotel Dieu', das Armenhospital, und älteste Krankenhaus der Grossstadt. Die Figuren, die sein Paris-Erlebnis charaktherisieren, sind elende, gebrochene, fast zu Marionetten 'zerbrochene' Menschen, ein neues Elends-Subproletariat, das Rilke aber nicht mit dem soziologischen Blick des am Elendmilieu interessierten Naturalisten anschaut, sondern mit dem erschütterten Blick eines Mit-Leidenden." (Vietta, 2007, p. 109)


Trecho 2: 

"Die Schilderungen Rilkes markieren das Ende jeglicher Stadt-Idylle. Das Entsetzen vor einer neuen, spezifisch modern-grossstädtischen Lebensform breitet sich aus. Das Entsetzen vor dem Absturz des Menschen in eine Bodenlosigkeit des Elends, die noch unter der des Proletariats liegt. Paris - das bedeutet für Rilke den Schock einer neuer Wahrnehmung menschlichen Elends." (Vietta, 2007, p. 110). 


Trecho 3: 

"Was Rilkes Malte hier beschreibt und als literarische Haltung übernehmen will, ist nicht nur eine radikal christliche Ethik des Mit-Leidens, sondern auch ein poetologisches Programm [...]. Es ist eine Poetik der Annährung an und Empathie mit jeden Unterschichten, die Rilke und ihm folgend Malte in Paris auf den Strassen findet. Es geht also um eine Erzählhaltung, die dem Erzählten nicht einfach distanziert gegenübertritt, sondern sich in es einfühlt, um es so in die Sprache heben zu können. Erst in einem zweiten Schritt geht es dann auch um eine Form der Distanz in der Verschriftlichung der Erfahrung." (Vietta, 2007, p. 111) 


Trecho 4: 

'Die gesamte Bildlichkeit des Romans ist von dieser Ästhetik des Hässlichen diktiert. Wir haben bereits eingangs auf diese Bildlichkeit hingewiesen: Bilder des Zerbrechens (Trümmer, Marionetten), Bilder der körperlichen Deformation, der körperlichen Krankenheitssymptome (Geschwülste, Geschwüre, Aussatz),Bilder des Schmutzes und des Auswurfes formieren in diesem Roman ein Grossstadtszenario, in welcher der Ich-Erzähler selbst sich am Rande der Zonen des Eckels und des Erschreckens bewegt." (ebd., S. 119)


Última atualização: segunda-feira, 21 ago. 2017, 11:14